Wohl fast jeder Arbeitnehmer hat schon mal von der Kilometer- oder Entfernungspauschale gehört, mit der die Kosten für Fahrten zur Arbeitsstätte pauschal abgegolten sind. Was vermutlich deutlich weniger Leute wissen: Was ist, wenn zum Beispiel ein Unfall passiert auf dem Weg zur oder von der Arbeit. Kann man das vielleicht zusätzlich absetzen? Vor kurzem erreichte diese spannende Frage sogar den Bundestag – mit einer erfreulichen Antwort.
Die Eckdaten zur Kilometerpauschale
Bevor wir gleich in den Bundestag wechseln, wollen wir Sie kurz auf den Stand bringen. Jede Fahrt zur Arbeitsstätte lässt sich als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Die Faustformel für diese Entfernungspauschale lautet: kürzester Arbeitsweg in Kilometer (einfache Strecke) mal Arbeitstage im Jahr mal 0,30 Euro. Wer Vollzeit arbeitet und einen Arbeitsweg von mindestens 16 Kilometer hat, kommt in der Regel auf mehr aus 1.000 Euro im Jahr – und übertrifft damit die Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro. Ausnahmen, Einschränkungen und weitere Erklärungen finden Sie übrigens ausführlich in diesem Blogartikel.
Was ist mit den Kosten eines Unfalls?
Die Älteren werden bei der Überschrift “Nein! Doch! Ohh!” sicher gleich an den großartigen Louis de Funès gedacht haben, die jüngeren schauen einfach mal kurz hier:
Warum dieser legendäre Dialog in diesem Artikel? Nun, weil mich das Thema stark daran erinnerte. Denn es geht darum, ob mit der Entfernungspauschale auch Kosten eines Unfalls auf dem Weg zur Arbeit abgegolten sind. Eigentlich müsste die Antwort “Nein!” lauten, weil es im Einkommensteuergesetz, § 9, Absatz 2, Satz 1 klar heißt: “Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte … veranlasst sind.” So weit, so gut.
So sieht es das Finanzministerium
Sie ahnen es sicher schon, gleich kommt das “Doch!“… Und das führt uns in den Bundestag, genauer zur Drucksache 18/8523. Klicken Sie ruhig mal auf den Link zum Dokument, dann sehen Sie, wie viele Fragen die Parlamentarier pro Woche stellen und worum es da so geht.
Uns interessiert nur Frage 50: Der Abgeordnete Dr. Axel Trost (Die Linke) fragt, inwieweit “mit der Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen, z. B. auch Unfallkosten, abgegolten” sind. Die Frage war naturgemäß länger, das ist nur der Kern.
Die Antwort von Dr. Michael Meister (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, war dann zumindest überraschend. Denn zwar sei mit der Entfernungspauschale alles abgegolten. Doch: “Aus Billigkeitsgründen wird es von der Verwaltung ausnahmsweise jedoch nicht beanstandet, wenn Aufwendungen für die Beseitigung eines Unfallschadens bei einem Verkehrsunfall neben der Entfernungspauschale – als Werbungskosten geltend gemacht werden.” Zwar kommen dann noch ein paar Bedingungen, aber die sollten sowieso selbstverständlich sein: nicht unter Alkoholeinfluss, Fahrweg zwischen Wohnung und erster Arbeitsstätte, auf einem Umweg zum Tanken oder dem Abholen von Mitfahrern einer Fahrgemeinschaft.
Tipp: Wer in diese missliche Situation kommen sollte – unbedingt alles gut dokumentieren und dann ab damit in die Steuererklärung. (Wenn es denn der Parlamentarische Staatssekretär sagt.)
Kleine Wendung der Geschichte
Wo ist denn das “Ohh!” fragen Sie sich vielleicht, da sich der Text dem Ende zuneigt. Nun, ein Grund für die Einführung der “verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale” im Jahr 2001 war – neben umwelt- und verkehrspolitischen Überlegungen – der Gedanke der Steuervereinfachung. Mit der Abgeltung “sämtlicher Aufwendungen” sollten dann auch Rechtsstreitigkeiten, etwa wegen der Unfallkosten, vermieden werden. Ohh, sagen wir da, das ist ja eher nicht das, was in der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs steht.
Artikelquelle: www.smartsteuer.de